Dienstag, 29. April 2008

Ueli Bucher, VRP AEK zur Eröffnung der GV AEK

Sie alle kennen den ziemlich unangenehmen Vorgang. Jedes halbe Jahr oder vielleicht jährlich machen Sie den Gang zum Zahnarzt oder zur Zahnärztin. Die periodische Kontrolle ist angesagt.
Während der Kontrolle treibt Ihnen schon ein kurzes Räuspern des Arztes den Angstschweiss auf die Stirn. Sie wissen, schon das Aufdecken einer kariösen Stelle führt zu einer nicht sehr angenehmen Behandlung und zu Kosten.
Als vernünftig denkenden Menschen lassen Sie dieses unangenehme Prozedere über sich ergehen. Die Absicht ist klar und einleuchtend. Sie wollen grösseren Gebissschäden oder gar einer Zahnextraktion und damit einer Zahnlücke vorbeugen.
Bei diesem periodischen Prozedere lassen Sie sich von der Fachfrau oder vom Fachmann beraten und wählen, wenn nötig, die Ihnen zusagende Sanierungsmethode. In eher seltenen Fällen holen Sie noch eine Zweitmeinung einer Fachperson ein. Aber ich habe noch nie gehört, dass man versucht, das Problem zu lösen, indem man einfach das Vorhandensein des Zahnschadens bestreitet. Spätere Schmerzen, ein eventuell unreparierbarer Zahn und damit seine Entfernung wären die Folge.
Damit wir mögliche Gebissschäden bzw. Zahnlücken vermeiden können, handeln wir üblicherweise sehr rational, verantwortungsbewusst und mit Weitsicht. Die Vorschläge der Fachpersonen werden in aller Regel umgesetzt.

Und bei der zu erwartenden Stromlücke?

Seltsamerweise ist in diesem Fall die Handlungsweise völlig anders.

Statt auf die Argumente der Fachpersonen einzugehen, wird das Problem durch selbsternannte Scheinexperten als nicht existent bezeichnet. Mit zwar sachlich richtigen, aber in der Menge völlig unzureichenden Vorschlägen, wird vom Hauptproblem abgelenkt. Dazu zwei Beispiele:

1. Energie sparen

Selbstverständlich müssen wir Energie sparen. Und zwar in riesigen Mengen. Und es gibt tatsächlich ein erhebliches Sparpotenzial, welches ohne grösseren Komfortverlust und auch wirtschaftlich tragbar umgesetzt werden kann.

In der Diskussion um die Sparmassnahmen muss aber in jedem Fall absolut unmissverständlich aufgezeigt werden, um welche Energie es sich handelt.
Es ist schlichtweg schlitzohrig, wenn Wärmeenergie und Strom miteinander verrechnet werden.
Realistischerweise liegt das grösste Sparpotenzial bei der Wärme. Stichworte sind Isolationen, Rückgewinnung, Erhöhung der Energieeffizienz.
Häufig führt aber die Erhöhung der Energieeffizienz zu höherem Stromkonsum. Der Ersatz einer konventionellen Heizung durch eine Wärmpumpe beispielsweise bringt eine erhebliche Reduktion beim Verbrauch von fossilen Brennstoffen, führt aber zu einem Mehrbezug von Strom.
Auch die modernen Bauten im Minergiestandard benötigen relativ viel Strom. Zu Heizzwecken wird aber in diesen energieoptimierten Gebäuden kaum mehr Energie benötigt.
Die so genannte 2000 Watt Gesellschaft oder moderner und präziser 1-Tonne-CO2-Gesellschaft ist gar kein so unrealistisches Ziel. Aber sicher kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn dafür genügend Zeit, Geld und auch Strom zur Verfügung steht.

Erkenntnis:
Energie sparen und Strom sparen ist nicht dasselbe.


2. Strom sparen

Wie gesagt, Strom sparen ist sehr viel schwieriger, als einfach nur Energie sparen. Tatsächlich gibt es auch beim Strom einige realistische Möglichkeiten.
Beispielsweise ist der Kauf von energetisch optimierten Elektrogeräten oder -anlagen sinnvoll. Auch die tatsächliche Trennung von Lade- und Speisegeräten und die Vermeidung des Standby Betriebes bringt etwas. Eine Befolgung dieses Tipps durch einen Grossteil der Bevölkerung hätte eine nicht zu unterschätzende Wirkung, haben wir doch etwa 3,2 Mio. Haushalte in der Schweiz. Der Spareffekt im Ganzen ist deshalb erheblich und demzufolge ist jede eingesparte Wattstunde wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung.
Mich ärgert aber, dass offenbar die gute alte Glühlampe verboten werden soll. Aus zwei Gründen: Erstens ist die Wirkung dieser Massnahme nicht eben durchschlagend. Der Anteil der privaten Beleuchtung am Stromverbrauch liegt bei lediglich etwa 3 % des Stromverbrauchs in der Schweiz. Das ist nicht eben berauschend für eine Massnahme, die Jahre, ja Jahrzehnte benötigt, bis sie wirkt.
Zweitens suggeriert ein solches Gesetz, dass es der Staat schon richten werde. Das ist falsch.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Energie, muss eigener Überzeugung entspringen. Ein Verbot in einem Nebenbereich führt doch zur Fehlmeinung, die übrigen Bereiche seien kein Problem. Eigenverantwortung muss das Ziel sein, nicht Regulierungsmassnahmen.

Strom sparen ist zwingend. Im Zusammenhang mit Stromsparmassnahmen habe ich einen konkreten Gratistipp an die hier anwesenden Gemeindevertreter: Lassen Sie ihr Wassernetz auf Verluste kontrollieren. Das dient dem Werterhalt der öffentlichen Infrastrukturen. Ins Netz gepumptes Grundwasser, das durch Lecks wieder ins Grundwasser gelangt, ist eine echt sinnlose Verschwendung von elektrischer Energie.

Also, sparen ist sehr gut. Aber mit Strom sparen wird in der Wirkung das Hauptproblem, nämlich die zukünftige Abdeckung des Strombedarfs, nur zu einem kleinen Teil gelöst. Viel zu klein ist das realistische Stromsparpotenzial.

Erkenntnis: Strom sparen kann aber die drohende Stromlücke bei Weitem nicht verhindern.


Letztes Jahr habe ich an dieser Stelle über alternative Energie- bzw. Stromerzeugung sowie über das Potenzial der Wassernutzung in der Schweiz gesprochen. Ich verzichte auf eine Wiederholung der damals gemachten Aussagen. Nur soviel: Der so erzeugte Strom wird ebenfalls nur ein ganz bescheidener Teil der Problemlösung beitragen.

Und damit zur Kernfrage: Kommt sie nun, die schweizerische Stromlücke?

Die Antwort ist klar. Ohne griffige Gegenmassnahmen wird sie kommen. Früher, als wir denken. Die Begründung ist einfach und plausibel. Die ältesten Schweizer Kernkraftwerke kommen in einigen Jahren an das Ende der Betriebszeit. Ausserdem laufen ebenfalls in einigen Jahren (dummerweise fast zeitgleich) die Lieferverträge mit ausländischen Kernkraftwerken aus. Und weil ganz Europa zusätzliche elektrische Energie benötigt, ist eine Vertragserneuerung ausgeschlossen. Zudem sind auch die Leitungskapazitäten nicht unendlich. Stromimport ist also auch keine taugliche Option.

Was ist zu tun?

Ganz einfach, alle vier Handlungsfelder des Bundes zur Problemlösung konsequent vorantreiben, aber mit- und nicht nacheinander.
Oder – um beim eingangs erwähnten Bild der Zahnpflege zu bleiben: Stromsparen, erneuerbare Stromerzeugung, Energieeffizienz erhöhen, Strom-Aussenpolitik usw. sind vorbeugende Massnahmen. Der Bau neuer Grosskraftwerke in der Schweiz ist die zwingend notwendige Sanierung.
Oder - um das Bild der Vier-Säulenpolitik des Bundes zu gebrauchen. Es sind eben nicht vier gleich starke Säulen, sondern eher drei filigrane Stabilisierungsstützen und die tragende Säule „Grosskraftwerke“.

Dass neue Grosskraftwerke dringend notwendig ist, lässt sich auch anhand einer technischen Entwicklung unterstreichen.
Seit einigen Monaten sind die Strom-Versorgungsunternehmen daran, automatische Lastabwurfeinrichtungen in Betrieb zu setzen. Was heisst das?
Stromangebot und –nachfrage müssen im Gleichgewicht sein und das Netz muss die Energie übertragen können. Wenn nun beispielsweise durch einen plötzlichen Ausfall eines Kraftwerks oder einer wichtigen Leitung das Angebot den Bedarf nicht mehr decken kann, wird die Stabilität des Netzes gefährdet. Zur Verhinderung eines kritischen Zustandes muss Last abgeworfen werden. Was relativ harmlos tönt heisst konkret, dass grössere Regionen vom Netz getrennt werden. Im AEK-Netz könnten maximal 70 % der Bezüger von einem Lastabwurf betroffen sein. Inskünftig entscheiden also automatische Schutzeinrichtungen, wo es im Grossstörungsfall dunkel wird.
Die Branche hat übrigens diesen Sachverhalt klar kommuniziert. Aber mir scheint, nur eine ganz kleine Minderheit hat von diesem Faktum Kenntnis genommen. Wenn aber Ingenieure so unpopuläre Massnahmen wie den Lastabwurf umsetzen, heisst das für mich, dass die Lage ernst, sogar sehr ernst ist.

Wir müssen also raschmöglichst und mit aller Kraft sämtliche Möglichkeiten zur Problemlösung umsetzen. Dazu gehört der Bau von Grosskraftwerken. Sie hören richtig, ich spreche in der Mehrzahl. Angesichts der CO2-Problematik führt kein Weg an der Kernenergie vorbei.
Wer Kernenergie als Ultima ratio bewertet, hat den Ernst der Lage bezüglich Strombedarf und bezüglich CO2-Belastung nicht erkannt.
Allerdings wird die Einlösung der meines Erachtens zwingenden Option, nämlich der Bau von Kernkraftwerken, kein Sonntagsspaziergang. Zu gross sind die politischen Widerstände.

Es stellt sich deshalb die Frage, wie demokratische Mehrheiten zugunsten der Kernenergie gesichert werden können?
Mit ehrlichen, objektiven und einfach verständlichen Argumenten. Dabei muss die gesamte Branche mit einer Stimme auftreten. Die beiden AEK-Mütter, ATEL und BKW sowie selbstverständlich die AXPO müssen dabei eine Leaderfunktion übernehmen.

Apropos ehrliche Information: Mich nervt beispielsweise, dass lokale Werke (es handelt sich um keines in unserer Region) Angebote mit so genannt kernenergiefreiem Strom anbieten. Das tönt so edel. Ist es aber nicht. Kernenergiefreie Stromangebote bringen absolut keine Verbesserung der Gesamtsituation. Der Anteil der Kernenergie steigt einfach in den übrigen Regionen.

Ein wichtiger Hinweis: Ökostromangebote fördern die alternative Stromerzeugung. Das ist positiv. Kernenergielose Angebote verlagern bloss. Das ist scheinheilig.

Noch eine letzte Bemerkung zum Vergleich von Zahnlücke und Stromlücke. Die Gegenüberstellung ist nämlich nicht ganz korrekt. Mit einzelnen Zahnlücken ist die Funktion des Gebisses nicht unbedingt eingeschränkt. Bei der Stromlücke ist das nicht gleich. Eine Abschaltung führt immer zu einem 100 % Stromausfall in einer Region. Im besten Fall nur während einer relativ kurzen Zeit.
Ein Gebiss funktioniert ohne Weisheitszähne, eine gute Energiepolitik funktioniert aber nicht ohne Weisheit.

Noch eine Feststellung zur laufenden Liberalisierung. Bekanntlich befinden wir uns in der konkreten Umsetzungsphase. Meine Freude über das neue Gesetz ist relativ bescheiden. Ein bisschen Markt ist zwar eingeführt. Aber mit freiem Markt hat das Ganze eher wenig zu tun. Zudem ist das Gesetzeswerk sehr kompliziert ausgestaltet.
Ich hoffe aber trotzdem, dass in fünf bis zehn Jahren immer noch mehr Ingenieure als Juristen in den Stromversorgungsunternehmungen arbeiten.

Mittwoch, 23. April 2008

Ständeratskommission will mit Kernenergie vorwärts machen

Gestern hat die Ständeratskommission die Ziele und Projekte für die Legislaturperiode 2007 - 2011 beraten. Mit 9 zu 1 Stimme hat sie beschlossen, den Ersatz der auslaufenden Kernkraftwerke durch moderne Werke voranzutreiben. Sie verlangt vom Bundesrat bis 2010 eine Entscheidung über den Lagerort für hochradioaktive Abfälle. Zudem ist sie der Meinung, dass Gaskombi-Kraftwerke in der Schweiz nur gebaut werden dürfen, wenn der CO2-Ausstoss im Inland kompensiert wird.
Ich bin sehr erfreut darüber, dass nun auch im Parlament Druck aufgebaut wird. Denn ohne politischen Druck sind einige Schlüsselpersonen in Bern geneigt, die Kernenergiefrage bis zum Sankt Nimmerleinstag zu verschleppen.

Montag, 21. April 2008

Leserbrief

"Keine Stromlücke" betitelte Werner Zurfluh seinen Leserbrief in der Aargauer Zeitung vom 18.4.2008. Die neueste Elektrizitätsstatistik des Bundesamtes für Energie (BFE) würde "die von der Stromwirtschaft heraufbeschworene Stromlücke" mit Lügen strafen, zitiert der Autor dann die Schweizerische Energie-Stiftung. Er spricht von einem Rückgang des Stromverbrauchs von 5.6%. Ob Absicht des Autors oder Unachtsamkeit: diese Zahl ist mehr als falsch. Gemäss Bundesamt für Energie BFE sank der Elektrizitätsverbrauch um 0.6 %.

Aber zurück zu "Keine Stromlücke": Selbst das BFE, das keine Lust auf Bewilligungsverfahren für neue Grosskraftwerke zeigt, widerspricht in seinen Erläuterungen derartigen Kurzschlüssen. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Grund für den ersten Rückgang des Elektrizitätsverbrauchs seit zehn Jahren ist weder der nachhaltige Stromsparwille einer neuen Generation verzichtsorientierter Konsumenten noch die durchschlagende Wirkung hocheffizienter Geräte, sondern das im ersten Halbjahr 2007 deutlich zu warme Wetter. So gab es beispielsweise im April 61% weniger Heizgradtage, die für den Stromverbrauch entscheidend sind. Im zweiten Halbjahr lagen die Temperaturen wieder in der Norm – und der Stromverbrauch stieg über die Vorjahreswerte. Im Winterhalbjahr wurden unter dem Strich gar 4 Milliarden Kilowattstunden eingeführt! Wer fair argumentiert, zitiert Zahlen und Aussagen korrekt und vollständig.

Freitag, 11. April 2008

Stromfressendes Internet

Wir alle brauchen es, sonst könnten Sie den Blog nicht lesen und ich hätte ihn nicht posten können. Das Internet ist unser täglicher Begleiter geworden, es ist ein Fenster zur Welt, zu vielen phantastischen Möglichkeiten. Doch es frisst auch enorm viel Strom.
Wussten Sie, dass eine Suchanfrage bei Google soviel Strom braucht wie eine 10-Watt Sparlampe in einer halben Stunde? Nicht nur Ihr Compi, sondern die Heerscharen von Servern brauchen dauernd Strom. Eine Suchanfrage an sich ist vernachlässigbar. Aber über eine Milliarde Suchanfragen pro Tag fressen eine gewaltige Menge Strom.
Der amerikanische Internetexperte Kevin Kelly hat den weltweiten Energieverbrauch des Internets auf 868 TWh berechnet. Im Vergleich dazu: Die Schweiz konsumiert pro Jahr rund 57 TWh. Oder: Das Kernkraftwerk Gösgen produziert jährlich ca. 8 TWh Strom.

Mittwoch, 2. April 2008

Der Bundesrat zum Tiefenlager

Der Bundesrat hat heute entschieden, die Suche des geologischen Tiefenlagers für radioaktive Abfälle mit dem Sachplan weiter voranzutreiben. So werden die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um die notwendigen weiteren Schritte einzuleiten.

Der Bundesrat führt damit seine Energiestrategie weiter, die nebst der Förderung von erneuerbaren Energien und der Verstärkung der Energieeffizienz den Einsatz von Grosskraftwerken vorsieht.

Dies liegt auch in unserem Interesse: Die Energieversorgung soll sichergestellt, die CO2-Emissionen auf tiefen Niveau gehalten und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz im Inland geleistet werden.

Radioaktive Abfälle aus Kraftwerken, Forschung, Medizin und Industrie müssen gemäss Gesetz im eigenen Land entsorgt werden. Der Nachweis, dass dies mit der geologischen Tiefenlagerung möglich ist, wurde seit längerer Zeit erbracht. Der Bundesrat hat vor rund eineinhalb Jahren seine Zustimmung zu geologischen Tiefenlagern gegeben. Das Sachplanverfahren stellt nun sicher, dass diese Aufgabe umgesetzt wird.
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Aktion für eine vernünftige Energiepolitik Schweiz Kanton Solothurn

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